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Wenn Patienten unter einer chronischen Erkrankung leiden, setzen sie häufig ihre Hoffnung auf vermeintlich pflanzliche Mittel. Solch ein „Wundermittel“ gegen Rheuma aus Vietnam haben Pharmazeuten der Universität Würzburg jetzt analysiert – mit einem alarmierenden Ergebnis, wie die Uni berichtet.
Ein bräunliches Pulver, abgepackt zu Tagesdosen in kleinen Faltbriefchen und natürlich ohne Beipackzettel: Mit diesem angeblich rein pflanzlichen Wundermittel hatte sich vor Kurzem eine Frau an Professorin Ulrike Holzgrabe, Inhaberin des Lehrstuhls für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Würzburg, gewandt. Sie sei Rheumapatientin und beziehe regelmäßig ihre Arznei von einem vietnamesischen Heiler aus der Nähe von Ho-Chi-Minh-Stadt; manchmal fahre sie sogar persönlich nach Vietnam, um diese für ein paar Dollar dort zu kaufen, erzählte die Frau der Chemikerin. Die weite Reise sei ihr das Arzneimittel wert, da es ihr, im Gegensatz zu den Mitteln, die ihr der deutsche Arzt verschrieben hat, sehr gut helfe. Allerdings sei sie jetzt doch daran interessiert, die genauen Bestandteile dieser Substanz kennenzulernen. Ob ihr die Universität Würzburg dabei helfen könne?
Kein Problem für die Labore im Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie. „Wir haben die Probe in einem ersten Schritt mikroskopisch untersucht“, erzählt Ulrike Holzgrabe. Dabei fanden sie und ihre Kollegin aus der Pharmazeutischen Biologie, Dr. Gabriele Gresser, vor allem Bestandteile der Zimtrinde. Weitere pflanzliche Spuren konnten sie nicht identifizieren, da das Pulver sehr fein verrieben war.
„In einem zweiten Schritt haben wir deshalb das Pulver massenspektrometrisch und mithilfe der Kernspinspektroskopie genauer untersucht“, schildert die Professorin. Dabei stießen die Wissenschaftler auf eindeutige Spuren: „Die Probe enthielt vor allem vier Komponenten: Paracetamol, Indometacin, Sulfamethoxazol und Trimethoprim“, so Holzgrabe. Oder anders formuliert: Das Wundermittel aus Vietnam enthielt ein Schmerzmittel, ein nicht-steroidales Antirheumatikum und ein Antibiotikum.
Außerdem entdeckten Holzgrabe und ihr Doktorand Johannes Wiest bei weiteren Untersuchungen noch Phosphat sowie eine zusätzliche Komponente, die allerdings in so kleinen Mengen vorhanden war, dass sie nicht identifiziert werden konnte.
Hohe Dosen verschiedener Wirkstoffe
Nach dieser ersten Analyse suchten die Wissenschaftler weiter: „Uns interessierte, in welcher Menge die jeweiligen Substanzen in einer Tagesdosis dieses Pulvers vorlagen“, sagt Holzgrabe. Das Ergebnis war ebenfalls überraschend: In einem Briefchen mit 2,6 Gramm Pulver zeigte die Analyse 863 Milligramm Paracetamol, 262 Milligramm Sulfamethoxazol und 42 Milligramm Indometacin. Der Gehalt von Trimethoprim ließ sich nicht exakt bestimmten, da seine Menge zu gering war. Zum Vergleich: Die empfohlene Tagesdosis Paracetamol liegt bei etwa 300 bis 1.000 Milligramm, die von Indometacin bei 25 bis 100 Milligramm; Sulfamethoxazol wird in Dosierungen von 200, 400 oder 800 Milligramm verschrieben, Trimethoprim mit 40, 80 und 160 Milligramm (J. Wiest, C. Schollmayer, G. Gresser, U. Holzgrabe [2014] Identification and Quantification of the ingredients in a Counterfeit Vietnamese Herbal Medicine against rheumatic diseases. J. Pharm. Biomed. Anal. 2014, 97:24–28).
„Sämtliche Komponenten des Pulvers waren also in pharmakologischen Dosen vorhanden. Insofern wundert es natürlich nicht, dass die Rheumapatientin mit der Wirksamkeit des Pulvers zufrieden war“, fasst Holzgrabe das Ergebnis ihrer Untersuchungen zusammen. Aus medizinischer Sicht könne sie von der Einnahme allerdings nur abraten – und das gleich aus einer Vielzahl von Gründen: „Eine dauerhafte Einnahme eines Antibiotikums ist gefährlich. Sie erhöht die Gefahr, dass sich resistente Erregerstämme entwickeln, die dann nur noch schwer zu bekämpfen sind“, warnt Holzgrabe. Die Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol sei bei Rheuma ebenfalls nicht sinnvoll, da es keine entzündungshemmende Wirkung besitzt. Unbekannt sei auch, wie die verschiedenen Medikamente miteinander wechselwirken und welche Nebenwirkungen sie dann verursachen. Außerdem sei die Gefahr der Überdosierung gegeben, da viele Patienten – in dem Glauben ein rein pflanzliches Medikament anzuwenden – zusätzlich noch ihre regulär vom Arzt verschriebenen Arzneimittel einnehmen.
Einzig Indometacin fällt in der Begutachtung der Pharmakologin nicht komplett durch: „Es kann zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden, auch wenn es heutzutage nicht mehr das Mittel der ersten Wahl darstellt“, sagt sie. Was allerdings nichts daran ändert, dass bis auf Paracetamol alle Substanzen in Deutschland rezeptpflichtig sind.
Illegal hergestellt und in Deutschland verboten
„Wir bekommen immer wieder Berichte von solch vermeintlich pflanzlichen Wunderheilmitteln“, sagt Holzgrabe. Mal handele es sich dabei um gefälschte Traditional Chinese Medicines (TCM) oder um Pflanzenmischungen, die chemisch definierte Arzneistoffe enthalten. Besonders häufig tauche dabei der Name „Herbal Viagra“ auf. „Dessen Wirkung ist allerdings fast immer auf die typischen Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil, Vardenfil oder auf eines der davon abgeleiteten Derivate zurückzuführen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Auch vor deren Einnahme warnt sie: „In der Regel sind die strukturverwandten ‚Viagra‘-Abkömmlinge nie einer toxikologischen Prüfung unterzogen.“ Ganz abgesehen davon, dass es sich in all diesen Fällen um illegal hergestellte Arzneimittel oder Arzneimittelfälschungen handelt. Und deren Erwerb ist in Deutschland verboten, heißt es in der Meldung der Uni Würzburg.
Quelle: dzw.de